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daniel holtwiesche | PORTFOLIO

b-longing

Eine Interpretation


Das Triptychon „b-longing“ nutzt eine klare, geometrische Formensprache und explizite Symbolik, um eine komplexe Auseinandersetzung mit der Sehnsucht, dem Begehren und der Spannung zwischen den Individuen darzustellen. Der Titel selbst, ein Wortspiel aus „belonging“ (Zugehörigkeit oder Geborgenheit) und „longing“ (Sehnsucht), deutet auf die duale Natur menschlicher Beziehungen hin, in der sowohl das Verlangen nach Geborgenheit als auch die Sehnsucht nach Erfüllung im Zentrum stehen. 


Ein Mund und ein Phallus – alles nur Fellatio?



Oberes Panel:

Im oberen Teil des Triptychons dominiert eine rote Figuration basierend auf Kreiselementen, die durch horizontale schwarze Linien geschnitten oder getrennt wird. Dies kann als ein Mund interpretiert werden. Der rote Mund, der von schwarzen horizontalen Linien durchbrochen wird, scheint von unterdrückter oder blockierter Kommunikation zu erzählen. In Bezugnahme auf dem Titel „b-longing“ – einer Mischung aus „belonging“ und „longing“ – deutet der Mund auf ein Verlangen hin, das nicht nur körperlicher, sondern auch emotionaler Natur ist. Die scheinbare Blockade durch die horizontalen, schwarzen Linien scheint die Schwierigkeit darstellen, diese Sehnsüchte verbal auszudrücken, was auf emotionale Hemmungen oder soziale und kulturelle Barrieren verweist, die die Erfüllung des Verlangens behindern. Die roten Punkte in den Ecken des Panels versinnbildlichen dabei das sich Wiederholende; die Versuche, diese Hemmung und Blockade zu durchbrechen, als wiederkehrende Impulse des Begehrens und der Kommunikation.

Mittleres Panel:

Das mittlere Panel zeigt eine massive vertikale Form, die eindeutig als Phallus zu interpretieren ist. Der obere Teil ist in Rot gehalten, was auf Energie, Macht und sexuelle Aktivität hinweist. Der Phallus wird von halbtransparenten, weißen Figuren und Formen begleitet, die sich über das Bild nach oben erstrecken und als Ausfluss von Sperma gelesen werden können. Diese plakativ-pornografische Darstellung der männlichen Sexualität nimmt den zentralen Raum ein und zieht den Blick unweigerlich auf sich, was die Dominanz des Phallus und seine zentrale Rolle in Hinblick auf Sehnsucht und Begehren zu unterstreichen scheint.


Unteres Panel:

Im unteren Teil des Werkes setzt sich die Phallusform fort, wobei die roten Halbkreise am unteren Bildrand nicht nur der bloßen Physiologie folgen, sondern eine Basis oder Punkte der Schöpfung aller Interaktion symbolisieren könnten. Die geometrische Strenge dieses Panels, in dem der Phallus in seiner Klarheit fortgeführt wird, deutet darauf hin, dass hier die männliche Energie und das damit verbundene Begehren die zentrale und strukturierende Kraft in der Dynamik von „b-longing“ ist. Die Präsenz des Phallus, der sich über beide unteren Panels erstreckt, verdeutlicht den körperlichen und sexuellen Aspekt der dargestellten Sehnsucht.


FAZIT

„b-longing“ thematisiert die komplexe Beziehung zwischen Verlangen und Geborgenheit, zwischen körperlicher und emotionaler Erfüllung hin zu mentaler Stärke. Der Titel selbst reflektiert diese duale Natur menschlicher Beziehungen: Einerseits gibt es das Verlangen nach Geborgenheit – nach einem Ort, an dem man sich zuhause fühlt –, andererseits die Sehnsucht nach körperlicher und sexueller Erfüllung und Extase die der Welt entflieht. Diese beiden Kräfte, die sowohl emotional als auch körperlich sein können, prägen jedwede menschliche Erfahrung und Interaktion.


Die Dominanz des Phallus in diesem Werk verweist auf die zentrale Rolle der männlichen Sexualität im Ausdruck von Begehren, während die rote Figuration, der Mund im oberen Panel die Sexualität eines jedweden Gegenübers symbolisiert. Ein Mund, scheinbar geöffnet um aufzunehmen,  jedoch durch die schwarzen Linien auch blockiert und eingeschränkt. Diese Dynamik scheint auf die tradierten aber dabei auch unterschiedlichen Rollen und Erwartungen hinzuweisen, die meist von Männern in Bezug auf Sexualität und Erfüllung gestellt werden.


Insgesamt lädt „b-longing“ Maskuline dazu ein, über das Zusammenspiel von verbalem und körperlichem Verlangen nachzudenken, traditionelle Männlichkeit zu hinterfragen und über die Barrieren, die den Ausdruck von Sehnsucht und Bedürfnis blockieren. Schlussendlich über den tiefen Wunsch nach Geborgenheit, der nur durch körperliche als auch emotionale Nähe erfüllt werden kann. Das Werk zeigt nach tieferer Betrachtung, dass wahre Erfüllung nicht im körperlichen Akt allein liegt, sondern in der Fähigkeit, Begehren und Wünsche auszusprechen, verstanden zu werden und in Gegenseitigkeit Geborgenheit zu erfahren.

© Daniel Holtwiesche

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