art

daniel holtwiesche | PORTFOLIO

Pornografischer Existentialismus – ein (noch) hypothetischer Kunststil ?

BEGRIFF


Pornographieπορνογράφος – ist ein  altgriechisches,  zusammengesetztes Kunstwort aus den Worten πόρνη (pórnē, dt. „Prostituierte“) und γράφειν (gráphein, dt. „schreiben, malen, zeichnen“). Der Begriff Pornografie in seiner heutigen Bedeutung wurde erst 1830 von Karl Otfried Müller, einem deutschen Altphilologen und einer der Begründer der klassischen Archäologie geprägt. Müller suchte damals eine Bezeichnung für diverse Kunstwerke, die bei Ausgrabungen in Pompeji entdeckt und damals als äußerst obszön empfunden worden waren.


Existentialismus – Der Existentialismus, besonders wie er von Jean-Paul Sartre vertreten wird, ist eine philosophische Strömung, die die Freiheit und Verantwortung des Individuums in den Mittelpunkt stellt. Sartres berühmter Satz „Die Existenz geht der Essenz voraus" fasst die Grundidee des Existentialismus zusammen. 

Sartres Existentialismus stellt die individuelle Freiheit und Verantwortung der Gestaltung des eigenen Lebens ins Zentrum allen menschlichen Seins. Wir existieren a priori ohne festgelegte Essenz oder Zweck. Erst unsere ureigenen Entscheidungen und Handlungen darselbst erschaffen Sinn und Identität.

STIL


Der Begriff "pornografischer Existentialismus" ist nicht als etablierter Kunststil oder philosophische Schule anerkannt und scheint eine provokative Neuschöpfung zu sein, die zwei kontrastierende Konzepte – Pornografie und Existentialismus – kombiniert. Um dieses Essay über diesen hypothetischen "neuen Kunststil" zu schreiben, basierend auf Sartres Existentialphilosophie, werde ich kreativ interpretieren, wie solch ein Konzept aussehen könnte, und seine mögliche Bedeutung für die moderne Gesellschaft erörtern. Es ist mir wichtig zu betonen, dass diese Ausführungen spekulativ sind und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema erfordern.


Jean-Paul Sartre, ein führender Vertreter des Existentialismus, prägte den Leitsatz "Existenz geht der Essenz voraus". Dies impliziert, dass Menschen zuerst existieren, sich in der Welt wahrnehmen und dann durch ihre Entscheidungen und Handlungen ihre Essenz – oder ihr Wesen – selbst definieren. Sartre betonte die absolute Freiheit des Individuums, die Wahl zu treffen und die Verantwortung für diese Wahl zu übernehmen, unabhängig von äußeren moralischen oder gesellschaftlichen Zwängen.


Der "pornografische Existentialismus" als hypothetischer Kunststil kann als künstlerische Ausdrucksform verstanden werden, die sich mit der Darstellung des nackten, unverhüllten menschlichen Daseins beschäftigt, wobei "pornografisch" metaphorisch für die ungeschminkte, rohe Darstellung menschlicher Existenz und Erfahrung steht. Dieser Stil sucht die Konfrontation mit tabuisierten, oft versteckten Aspekten der menschlichen Natur und Gesellschaft, aber nicht nur im sexuellen Sinne, sondern in einem umfassenden Spektrum existenzieller Erfahrungen, einschließlich Einsamkeit, Angst, Freiheit und Tod.



Bedeutung für die moderne Gesellschaft


Hinterfragung von Normen und Tabus und die Konfrontation mit dem Unbequemen und oft Verdrängtem sollen zu einer tieferen Auseinandersetzung mit der eigenen menschlichen Natur und ihren Widersprüchen anregen.

In einer Zeit, in der die Gesellschaft zunehmend von Polarisierung und einem scheinbaren Überfluss an Informationen geprägt ist, soll der pornografische Existentialismus bestehende moralische und soziale Normen hinterfragen und dabei ganz grundlegend uns zurückzuführen zur Frage unserer Existenz an sich: Was sind meine eigenen Entscheidungen, wie wahrhaftig sind meine Handlungen und wie werden diese zu meiner „Essenz“ – und darüberhinaus auch zur gesellschaftlich, menschlichen Essenz?


Authentizität und Selbstbestimmung: Angesichts der existentialistischen Betonung von Freiheit und Authentizität soll dieser hypothetische Kunststil Individuen dazu inspirieren, über die Konstruktion ihrer Identität in einer übermäßig kuratierten und oft oberflächlichen sozialen Medienlandschaft nachzudenken. Er soll die Bedeutung von Selbstbestimmung und die Übernahme von Verantwortung für die eigenen Lebensentscheidungen hervorheben.


Empathie und Verständnis: Indem dieser Kunststil die Vielschichtigkeit der menschlichen Erfahrung extrem singularisiert und zugleich scheinbar unverblümt darstellt, möchte der pornografische Existentialismus zu einem tieferen Verständnis und größerer Empathie innerhalb der menschlichen Individuen beitragen. Durch die Anerkennung der universellen, oft verborgenen Kämpfe des menschlichen Daseins kann dieser Kunststil Barrieren einreißen und eine essenziell wesenhafte Verbundenheit mit sich selbst und anderen ermöglichen.


Abschließend möchte ich sagen, dass der pornografische Existentialismus, obwohl noch hypothetisch und provokativ, als Denkanstoß dienen soll, um die Grenzen künstlerischer und philosophischer Erkundung zu erweitern. Er fordert uns heraus, die Komplexität der menschlichen Existenz anzuerkennen und die tiefgreifenden Fragen des Lebens mutig und ungeschönt zu erforschen.


Mit der Definition eines pornografischen Existentialismus als Kunststil, der stark abstrahierte grafische Komponenten nutzt – basierend auf Kreisen, Dreiecken und Linien und einfachen Konturen, die makroskopisch anmutende Teile von Genitalien stark abstrahiert, teils detailliert überhöht darstellen, lässt sich eine tiefere Betrachtung dieses Sujets anstellen. Diese Kunstform bietet eine einzigartige Verbindung zwischen der Darstellung der menschlichen Natur und der Essenz des Existentialismus, wie sie von Sartre und anderen beschrieben wurde, ohne dabei aber in irgendeiner weise „erotisch“ zu wirken.


Konkrete Umsetzung und Motivation


Abstraktion als Mittel zur Konzentration auf das Wesentliche

Die Komposition mit abstrakten Formen wie Kreisen, Dreiecken, Linien und mitunter einer Kontur bei Verwendung weniger, meist vollflächiger Farben , um die Anmutung einer nahezu makroskopischen Darstellung z.B. von Genitalien zu assoziieren, lädt zur Erkundung und Reflexion über die Essenz der menschlichen Natur und Sexualität ein. Diese Abstraktion entfernt die Darstellung von der expliziten, oft voyeuristischen Wahrnehmung der Pornografie und transformiert sie zu einem inneren Diskurs über die Grundlagen menschlicher Existenz und Identität. Es wird ein Raum geschaffen, in dem Betrachtende die tiefgreifenden Fragen der Freiheit, der Beziehungen und des menschlichen Verlangens erkunden können, ohne durch konventionelle, oft stereotype Bilder belastet zu werden.


Visualisierung der existentialistischen Auffassung von Freiheit und Verantwortung:

Durch die weitgehend abstrahierte Darstellung wird die Betonung auf die individuelle Interpretation gelegt, was die existentialistische Idee widerspiegelt, dass Bedeutung subjektiv ist und von jedem Einzelnen selbst „konstruiert“ wird. Der Aspekt dieser „Konstruktion von Bedeutung“ wird noch weiter pointiert indem die einfachen geometrischen Formen wiederum zu immer wiederkehrenden, symbolhaften Bausteinen aggregiert werden.  So wie in einer DNA lediglich nur vier unterschiedliche Basen paarweise verknüpft und diese Paare zu Triplets gruppiert werden, um den Bauplan eines Lebewesens zu codieren und das Wesen selbst mehr oder weniger determinieren, so werden hier wenige, immer wiederkehrende, aus den Grundformen zusammengesetzte  Objekte zu einem metaphysischen Symbol zusammengeführt. Diese Kunst fordert die Betrachtenden extrem heraus und mag sie an ihre Grenzen bringen. Diese Kunst fordert auf, über seine persönlichen Freiheiten nachzudenken und die Verantwortung für Interpretationen, Reaktionen und Handlungen zu übernehmen, indem sie selber ihre aktive Rolle in der Schaffung der „Wirklichkeit“ erkennen.


Menschliche Kondition und das Unbewusste:

Die makroskopisch anmutenden, aber stark abstrahierten Genitaldarstellungen können als metaphorische Erkundung der menschlichen Kondition und der tiefen, oft unbewussten Triebe verstanden werden, die unser Handeln und unsere Entscheidungen maßgeblich beeinflussen. Diese Darstellungen laden ebenso dazu ein, die Verbindungen zwischen unseren grundlegendsten physischen Aspekten unserer Existenz und unseren höheren Sehnsüchten und Ängsten zu erforschen.


Mögliche Bedeutung für die Gesellschaft

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der pornografische Existentialismus, obwohl hypothetisch, eine faszinierende Verknüpfung zwischen Sartres Existenzialphilosophie und der Darstellung des universellsten Seins des Lebens an sich, der Sexualität bietet; Wichtige Fragen über die menschliche Natur, Freiheit und Verantwortung aufwerfend und einen Raum aufspannend für eine tiefgreifende Reflexion über die Bedeutung unserer körperlichsten Erfahrungen in einer modernen Gesellschaft.

Zurück zu den Werken…

© Daniel Holtwiesche

Diese Website verwendet Cookies. Bitte lesen Sie unsere Datenschutzerklärung für Details.

Verweigern

OK